Achtsame Selbstführung - Rezept zum Umgang mit negativen Gefühlen
Von: Redaktion
Expertenprofil von Dr. Sabine Winter anzeigenAlle kennen sie – niemand will sie. Gefühle wie Wut, Ärger, Angst, Neid, Eifersucht und Trauer möchten wir häufig gar nicht erst wahrnehmen. Dabei sind unangenehme Gefühle durchaus wertvoll. Sie weisen uns darauf hin, dass wir achtsam sein sollten. Und sie können uns vor möglichen Gefahren warnen. Unerwünschte Gefühle sollten nicht dauerhaft auf den Magen schlagen oder als Depression verbleibend ins Gefühlsleben einschleichen. Aufgrund ihrer vielseitigen Expertise empfiehlt die Kommunikatorin Dr. Sabine Winter zum heilsamen Überwinden unangenehmer Gefühlszustände folgende Zutatenliste:
Zutaten:
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- 150 g Akzeptanz
- 100 %ige Eigenverantwortung
- 250 g Beobachtung
- 1 Herz, 1 Kopf & 1 Bauch
- 150 g Zeit & Ruhe
- 150 g Mitgefühl
- 100 g Ehrlichkeit
- 40 g Offenheit
- 90 g Gelassenheit
- 100 g Achtsamkeit
- 120 g Dankbarkeit
- 100 g Selbstmitgefühl
Zutat 1:
Mit 150 g Akzeptanz
Unangenehme Stimmungen akzeptieren
Viele wollen sich mit unangenehmen Gefühlen gar nicht erst beschäftigen. Schließlich leben wir in einer Gesellschaft, in der stets strahlende, fröhliche Menschen oft als attraktiv und auch erfolgreich gelten. Zwischen dem äußerlichen Strahlen und innerem Empfinden kann mitunter jedoch eine Kluft zu klaffen. Die Anzahl der physisch und psychisch Erkrankten steigt kontinuierlich. Laut der Robert-Koch-Studie 2025 gelten 4 von 10 Personen der Deutschen als krank - trotz der international anerkannten, deutschen Gesundheitsstandards. Dazu passend hat sich die Zahl der sich als hochmotiviert einstufenden Arbeitskräfte seit 2019 mehr als halbiert, lautet ein Ergebnis der Studie der Unternehmensberatung EY. Wer negative Gefühle langfristig ignoriert, riskiert, krank zu werden. Eigentlich wollen unangenehme Gefühle zunächst nur wahrgenommen werden. Wenn dies ausreichend geschehen ist, können sie früher oder später wieder Platz machen für angenehmere.
Zutat 2:
Zu 100 Prozent Verantwortung
Für die eigene Gesundheit
Viele Studien ermittelten in jüngster Zeit eine hohe Verantwortlichkeit der betrieblichen Führungskräfte für die Gesundheit der Beschäftigten. Indem sich Menschen jedoch auch selbst führen, können sie auch auf sich und ihre Umgebung einwirken. Falls ein Unternehmen gar nicht bereit sein sollte, auf gesundheitliche Belange einzugehen, sollten Alternativen erwogen werden.
Ob selbstständig oder angestellt – wir sind Teil eines oder mehrerer Systeme und üben zeitweise eine oder mehrere berufliche Rollen aus. An diese beruflichen Rollen sind häufig gewisse Erwartungen geknüpft. Doch wir verfügen auch über einen gestalterischen Freiraum, unsere Rollen mit Leben zu füllen. So können wir versuchen, jeden, uns auch völlig überfordernden, Wunsch zum Nachteil unserer Gesundheit zu erfüllen oder uns dazu entschließen, über Alternativen zu verhandeln.
Zutat 3:
Mit 250g Beobachtung
Sich selbst erforschen
Einen Tag lang protokollieren:
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- Welche Tätigkeiten erfüllen mich mit Freude, welche weniger?
- Im Kontakt mit welchen Personen fühle ich mich wohl, mit welchen weniger?
Im Anschluss:
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- Gibt es innere oder äußere Konflikte, die ich gern gelöst sehen möchte?
- Schiebe ich bestimmte Dinge vor mir her, weil sie mit unangenehmen Gefühlen verbunden sein könnten (Prokrastination / Aufschieberitis)?
- Nehme ich gewisse Reize (Trigger) wahr, die mich in gewisser Weise nahezu automatisch – reagieren lassen?
- Kann ich diese Konflikte allein lösen oder wünsche ich mir Unterstützung?
Zutat 4:
Mit 1 Herz, 1 Kopf & 1 Bauch
Werte und Bedürfnisse ermitteln
Sich selbst klar darüber werden:
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- Was ist mir wichtig?
- Was brauche ich?
- Melden sich widersprechende Tendenzen in mir, die geklärt werden
sollten:
Zum Beispiel die Bedürfnisse nach Autonomie und Teamarbeit? Ließe sich beides realisieren? Oder auch das Bedürfnis nach ehrlichem Feedback und Harmonie in der Zusammenarbeit?
Aus einer Liste von Bedürfnissen lassen sich eigene Bedürfnisse leichter auswählen. Eine Übersicht hierzu wird auch das bald erscheinende Buch „Was darf’s sein?“ der Autorin enthalten.
Zutat 5:
Mit 150 g Zeit und Ruhe
Kommunikation entschleunigen
In vielen Situationen fühlen wir uns aufgefordert, sofort zu reagieren. Doch eine schnelle Reaktion verschärft Konflikte häufig. Auch wenn’s ungewohnt ist und häufig auf Anhieb selten klappt, empfiehlt sich:
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- Einen Moment inne zu halten.
- Den Atem zu beobachten.
- Entscheiden, ob und wie ich reagieren möchte.
- Im Zweifelsfall sich dafür entscheiden, später zu agieren.
Zutat 6:
Mit 150 g Mitgefühl, 100g Ehrlichkeit & 40 g Offenheit
Feedback geben
Viele Beschäftigte wünschen sich mehr Feedback. In einer vertrauensvollen Unternehmenskultur bieten sich folgenden Schritte an. Sie basieren auf der Gewaltfreien Kommunikation nach Marshall Rosenberg:
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- Kurz, konkret und möglichst sachlich beschreiben:
Was ist der Anlass meines Feedbacks?
Um welche Situation, um welches Verhalten, handelt es sich konkret? - Beobachtete Gefühle nennen – wenn sinnvoll.
- Bedürfnisse nennen, die erfüllt werden sollten.
- Wenn etwas gewünscht wird, eine konkrete Bitte aussprechen.
- Kurz, konkret und möglichst sachlich beschreiben:
Jetzt nur nicht erwarten, dass sofort jede Bitte von dieser einen, adressierten, Person erfüllt werden wird. Mitunter gilt es, Kompromisse zu finden. Oder bestimmte andere Personen können diese Bitte erfüllen. Häufig können wir uns den Wunsch mit einer bestimmten Strategie auch selbst erfüllen.
Zutat 7:
Mit 90 g Gelassenheit
Sich um Objektivität bemühen
Wir bewerten Situationen zumeist aufgrund unserer Erfahrungen, Einstellungen (Mindset), Erwartungen und aktuellen Stimmung. Als sinnvoll erweist sich eine möglichst realistische Einschätzung von Menschen und Situationen:
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- So sollte sich einerseits niemand zu einer zwanghaft positiven Weltsicht gezwungen fühlen. Dies verhindert häufig, dass notwendige, betriebliche Veränderungen thematisiert und umgesetzt werden. Andererseits wird eine negative Weltsicht letztlich nicht zu einem als angenehm und erfüllt empfundenen Leben führen.
- Verhalten nicht abschließend voreilig beurteilen. So kann eine fehlende Begrüßung viele Gründe haben.
! Verlockend scheint sich den Unmut über eine bestimmte Situation oder Verhaltensweise von der Seele zu reden. Doch leider aktivieren wir damit auch immer wieder den ungewünschten Gefühlszustand. Das Aufschreiben des unangenehmen Erlebnisses und das anschließende Verbrennen der Blätter leisten häufig mehr für den eigenen Seelenfrieden und das Betriebsklima.
- So sollte sich einerseits niemand zu einer zwanghaft positiven Weltsicht gezwungen fühlen. Dies verhindert häufig, dass notwendige, betriebliche Veränderungen thematisiert und umgesetzt werden. Andererseits wird eine negative Weltsicht letztlich nicht zu einem als angenehm und erfüllt empfundenen Leben führen.
Zutat 8:
Mit 100g Achtsamkeit
Alltagssüchte entmachten
Viele Menschen sind in ihren Stimmungen abhängig von Substanzen und / oder Tätigkeiten mit Suchtpotenzial: Essen, Rauchen, Trinken, Social Media, ja, sogar Arbeiten kann zur Sucht werden. Alltagssüchte beanspruchen Zeit und Raum, tragen jedoch langfristig nicht zum Wohlbefinden bei. Im Gegenteil: Auf Dauer schaden Süchte der Gesundheit und dem Wohlbefinden in erheblichen Ausmaß. Stattdessen:
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- Sich erlauben, bewusst zu genießen.
- Wer achtsam genießt, benötigt weniger Genussmittel.
- Anstatt Masse, eine höhere Qualität, die auch der Umwelt – Menschen und Tieren zu Gute kommt.
Zutat 9:
Mit 120g Dankbarkeit
Einfach unvergleichlich sein
Wir sollten uns davor hüten, uns häufig mit anderen zu vergleichen. Meistens vergleichen wir uns mit Menschen, die Eigenschaften besitzen, die wir gern hätten. Dies wird häufig von unangenehmen Gefühlen wie Neid oder Eifersucht begleitet. Wir wissen jedoch nicht: Welchen Preis hat er oder sie für die jeweilige Eigenschaft, das Talent oder den Erfolg in ihrem Leben bezahlt?
Vergleiche mit uns selbst sind mit Augenmaß und Mitgefühl erlaubt. Sich selbst und anderen Fehler zuzugestehen, lädt paradoxerweise zum eigenen und gemeinsamen Erfolg und Wachstum ein.
Gefühle der Dankbarkeit mindern den Einfluss unangenehmer Gefühle. Dankbarkeit ist zumeist verbunden mit Momenten der Zufriedenheit oder des Glücks. Wir können tagsüber oder abends diese Momente notieren und später noch einmal in diesen Gefühle „baden“.
Zutat 10:
Mit 100g Selbstmitgefühl
Nein sagen
Jeder zweite Mensch leidet unter Stress: Viele fühlen sich unter Druck, arbeiten am Limit und ignorieren ihre eigenen Grenzen. Dabei ist es sinnvoll, zunächst zu klären:
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- Kann ich diese Aufgabe noch übernehmen?
- Gibt es Möglichkeiten, mich zu entlasten?
- Kann ich meinen Alltag durch mehr Pausen entschleunigen?
- Wie kann ich meinen beruflichen und privaten Alltag möglichst attraktiv gestalten?
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Zur Person
Als Beraterin (dprg) und Business Coach (dvct) unterstützte Dr. Sabine Winter zwei Jahrzehnte Menschen, die sich neu orientieren, weiterentwickeln und Perspektiven mit Potenzial erreichen wollten. Sie gab Impulse für berufliches und persönliches Wachstum und ermutigte ihre Kund:innnen dazu, ihre Stärken sichtbar zu machen. Für engagierte Menschen ist im Laufe der Zeit das Thema Stress präsenter geworden - sowohl beruflich als auch privat. Als Laufbahn-Coach (competence on top), Achtsamkeitslehrende (mbsr) und Selbstmitgefühl-Trainerin (msc) unterstützt sie nun Menschen dabei, ihr Potenzial achtsam zu entwickeln und zu leben. Ihr nächstes Buch erscheint im Frühjahr 2026 zum Thema: „Was darf’s sein? Genuss anstatt Frust: Vom Umgang mit Alltagssüchten.“