Die Evolution der Führungskräfte-Entwicklung
Foto: Dominik Pfau

Die Evolution der Führungskräfte-Entwicklung

Es wird immer deutlicher. Unternehmen investieren nicht genug in Ihre Beschäftigten, insbesondere in ihre Führungskräfte.

 

Bei meinen Vorträgen zum Thema Führung erhalte ich immer viel Zustimmung, insbesondere was die Qualifizierung von Führungskräften angeht. Alle sind sich einig, wenn ich thematisiere, dass wir niemals unser geliebtes und wertvolles Auto einem unqualifizierten Schrauber in die Hände geben würden. Niemals würden wir eine Reparatur im oder am Haus von einem Menschen durchführen lassen, der dafür aus unserer Sicht nicht die notwendige Qualifikation mitbringt. Wir achten da sehr genau auf eine fundierte Ausbildung. Und das ist auch richtig so!

 

Beim Thema Führung sieht das dann ganz anders aus. Der beste Mitarbeiter, die beste Mitarbeiterin wird auf Grund des fehlenden Nachwuchses zur Führungskraft gemacht und wenn der Mensch dann etwas Glück hat, auch rudimentär qualifiziert. Das bisschen, was dann noch an Führungsqualifikation benötigt wird, erwirbt man durch Erfahrung.  So weit, so schlecht!

 

Transportieren wir das doch noch einmal auf die Reparatur. Wir haben von einem Menschen gehört, der mehrfach in seinem Job als Schreiner gut gearbeitet hat. Wir bitten ihn nun, doch bei uns da Dach neu zu decken. Er kennt sich halt mit Holz aus! Würden wir das machen? Ich behaupte, niemals!

 

Wir machen den besten Beschäftigten zur Führungskraft

 

Wenn wir mit dem höchsten Gut in einem Unternehmen arbeiten - den Menschen – dann sind wir jedoch bereit, genauso so vorzugehen. Der beste Vertriebler wird zur Führungskraft im Vertrieb. Dann wundert man sich, dass Menschen unzufrieden sind, ihre Unternehmen verlassen, innerlich kündigen und somit eine verringerte Produktivität bringen. Und dass nur, weil wir zu wenig gut ausgebildete Führungskräfte haben. Was wurde erreicht? Der beste Vertriebler macht nicht mehr die besten Ergebnisse und fehlt dort extrem. Als Führungskraft werden, mangels Kompetenzen, nur mittelmäßige bis schwache Leistungen erreicht. Die Folge: Unzufriedenheit auf allen Ebenen.

 

Studien beweisen es

 

Ein Blick in den jährlich erscheinenden Gallup Engagement Index sollte da die Augen öffnen. Tut er aber nicht. Der Engagement Index erscheint seit 2 Jahrzehnten und es bewegt sich fast nichts. Wohlgemerkt, seit 2 Jahrzehnten!

 

Dazu passt weiterhin eine Studie der Boston Consulting Group (BCG) „The Death and Life of Management” aus der hervorgeht, dass die Befragten nur noch zu 7% bereit sind, in den nächsten Jahren Führungsverantwortung zu übernehmen. Insbesondere fühlten sich viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des mittleren Managements aufgerieben und unwohl. 28% der Befragten gaben an, dass sie gar nicht mehr arbeiten wollen. Wie viele Befragungen und wie viele Aussagen brauchen wir noch, um Führung zu verbessern?

 

Auf der Personal Europe in Köln wurde es mir ebenfalls wieder bewusst. Das ist eine Messe, speziell für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus dem HR-Bereich. Dort fand ich eine ganze Halle vor mit Unternehmen, die sich mit der Digitalisierung im Recruiting beschäftigen. Und spätestens da fange ich an zu zweifeln, ob die richtige Strategie verfolgt wird. Nicht, dass ich dieser Dienstleistung oder grundsätzlich dem Thema Digitalisierung abgeneigt bin, nein ganz im Gegenteil. Was mich extrem beunruhigt ist, dass damit nur die Auswirkungen bekämpft werden. Die Halle ist gefüllt, die Stände gut besucht. Ich bin sicher, nach der Messe sind die Auftragsbücher der Anbieter solcher Systeme voller geworden.

 

Ich stelle die Frage: „Was ist gewonnen?“

 

Digitalisierung nur im Gesamt-Kontext

 

Ok, ich habe einen digitalen Recruiting-Prozess. Läuft er deshalb besser? Ist der alte, wenig funktionierende Prozess, auf den digitalen Prozess angepasst worden oder einfach nur übertragen? Aber habe ich deshalb weniger Fluktuation?  Habe ich deswegen Mitarbeiter und Führungskräfte, die motivierter arbeiten? Die Antwort können Sie sich selbst geben. Auch das Personalmagazin stellt in einer Nachbetrachtung der Messe fest, dass Software im Recruiting im Vordergrund der Messe stand. Anbieter wirklicher und nachhaltiger Führungskräfte-Entwicklung sind eher die Exoten auf der Messe für Personal. Vielleicht noch ein weiteres neues Gimmick mit KI? Ich sehe schon die Begehrlichkeiten, durch ChatGPT Personal einzusparen oder Führung durch KI zu ersetzen. Das kann funktionieren, wenn man den gesamten Unternehmensprozess hinterfragt. Werden solche Tools nur in Bereichen eingesetzt, werden sie die gewünschte Wirkung nicht haben, außer Menschen im Unternehmen zu frustrieren.

 

Führungskräfte-Entwicklung als Chance und nicht als Aufwand

 

Leider herrscht in vielen Unternehmen heute noch die alte betriebswirtschaftliche Regel, dass eine technische Neuerung INVEST und die Qualifizierung von Menschen AUFWAND ist. Buchhalterisch mag das wohl richtig sein, jedoch nicht in der Denkweise der Verantwortlichen.

 

In Zeiten der fortschreitenden Digitalisierung und der rasanten Veränderung der Arbeitswelt im Hinblick auf VUCA (Volatilität, Komplexität, Unsicherheit, Mehrdeutigkeit) benötigen wir aber Führungskräfte, die in der Lage sind, ihre Beschäftigten mitzunehmen auf diese Reise. Wir brauchen Führungskräfte, die die Eigenmotivation der Menschen ansprechen und ihnen Vertrauen geben und die Sinnhaftigkeit der notwendigen Veränderungen aufzeigen. Notwendig sind Führungskräfte, die gut geschult sind, die mit den Unsicherheiten ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter umgehen können und die in der Lage sind zu kommunizieren. Dafür ist es notwendig, dass mehr Zeit für „Führung“ aufgewendet wird. Die Führungskraft heißt Führungskraft, weil sie führt, Orientierung gibt und nicht, weil sie Statistiken interpretiert, auswertet und an die Beschäftigten weiterleitet.

 

 

In Zeiten, in denen Hierarchien aufgelöst werden ist es doppelt wichtig, Führungskräfte zu haben, die die notwendige Orientierung geben und die auch am Ende des Tages gemeinsam mit ihren Mitarbeitern Entscheidungen treffen. Passiert das nicht, sind Organisationen zum Scheitern verurteilt. Manche sind schon weg, bei anderen dauert es länger.

 

Beenden Sie die Bekämpfung der Auswirkungen, gehen Sie an die Wurzel des Problems.

 

Gehören sie zu denen, die am Markt bleiben! Qualifizieren Sie Ihre Führungskräfte – jetzt!

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